Am Dienstag waren die Bücherfische wieder hier bei mir in der Schreibwerkstatt und haben alles auf den Kopf gestellt, um am Ende mit tollen Ergebnissen zu glänzen: Linolschnitte wurden geschnitzt, Geschichten erzählt, Namen von Protagonisten erfunden, Farben gemischt, ein Buch genäht und gebunden. Es ist für mich berauschend, was innerhalb dieser eineinhalb Stunden passiert.

Warum ich immer wieder so gerne mit Kindern arbeite? Mich fasziniert ihre unbefangene Art; ihre Neugier; ihre Offenheit – sie sind sich selbst noch ganz nah und sie probieren und testen am laufenden Band. Es scheint, als würde jedes Kind für sich, jeden Tag die Welt neu erfinden.

Und ich beobachte, wie dabei meine eigenen Vorstellungen Kratzer bekommen… Mit Kindern arbeiten heißt: von Kindern lernen. Was ich am Dienstag gelernt habe?

Es begann mit einem kleinen Temperamentsbolzen, der herumdöste, Tumult verbreitete und nicht zu bändigen war. Ich versuchte es mit “guten Worten”. Erfolglos. Während ich schließlich mit anderen Kindern beschäftigt bin, verliere ich ihn aus dem Blick. Eine viertel Stunde später zeigt er mir stolz seinen Linolschnitt. “Wie ist der denn entstanden?”, denke ich verwirrt und erinnere mich dann: Rase ich nicht auch immer durchs Haus, räume die Spülmaschine aus und hänge die Wäsche auf, bevor ich endlich mit dem Schreiben beginne?

Tipp 1: Nicht verzweifeln, wenn es mit dem Schreibbeginn nicht gleich klappt. Manchmal tut ein bisschen Bewegung gut.

Und noch etwas zeigte mir diese Erfahrung…

Tipp 2: Kontrolle mag gut sein – Vertrauen ist besser! Und das gilt nicht nur für Kinder, sondern auch für den eigenen Schreibprozess.

In der Zwischenzeit hatten es sich zwei Kinder in unserer Sauna gemütlich gemacht. Die Tür ist zu. Keiner darf rein. Sie tauschen sich aus und am Ende haben sie zwei Seiten voll geschrieben und lesen sie sich gegenseitig begeistert vor.

Tipp 3: Beim Schreiben kommt es immer auf eine gute Mischung aus “geschütztem Raum” und “Austausch mit anderen” an. Wer schreibt, braucht Zeit für sich, aber wer schreibt, möchte auch gelesen werden.

Überall wirbeln Kinder herum und suchen sich Plätze, wo sie am besten arbeiten können und dort, wo sie sich niederlassen, liegen bald viele, bunte Stifte, dicke Bleistifte mit Spitzer und Radiergummi, Papiere und Schnipsel. Ein Mädchen zeigt mir seine große Stiftesammlung, ein Junge sein dickes Schulmäppchen.

Tipp 4: Wenn man schreibt, sucht man sich den Raum und das Werkzeug, das zu einem passt: der eine schreibt gerne mit Füller, der andere mit einem Fineliner; der eine braucht Massen an Papier, der andere ein einziges Blatt. Fantasie gedeiht in diesem passenden Ambiente.

Ein Mädchen fragt, ob es die Arbeitsmappen der Kinder nach Alphabet sortieren darf. Ich hatte sie einfach in den Ständer gesteckt – bei elf Kindern, dachte ich mir, ist das doch zu überschauen. Ich erlebe es oft, dass Kinder – so chaotisch sie manchmal erscheinen – nach einer Ordnung suchen.

Tipp 5: Zusätzlich zum kreativen Chaos braucht es Ordnung, Rituale und Routinen, um sich zum Schreiben niederzulassen.

Während das Mädchen die Arbeitsmappen sortiert, beobachtet ein Junge, wie seine kleine Schwester blaue Farbe mischt. Er nimmt seinen Linolschnitt von vergangener Woche aus der Arbeitsmappe und möchte noch einmal mit dieser Farbe drucken.

Tipp 6: Wir lernen voneinander und miteinander. Originalität entsteht nicht im luftleeren Raum.

Und dann ist da noch das Mädchen, ein “alter Bücherfisch”, das einen dicken Hefter vor sich herträgt und daraus zitiert. Sie liest jedem, der ihr vor die Nase kommt, einen ellenlangen Namen aus ihrer Geschichte vor. Sie schwelgt in ihrer Geschichte – und die Zuhörer teilen ihre Begeisterung.

Erkenntnis 7: Lesen und Schreiben kann zum puren Genuss werden, an dem man sich kaum sättigen kann.