Geschichten, die das Leben schreibt

Autor: BarbaraMathilde (Seite 1 von 2)

Zehn Schreibideen für den Herbst

Alisa Anton on unsplash
  1. Herbstzeitlose

Wie viele Wörter kannst du aus den 14 Buchstaben des Wortes „Herbstzeitlose“ bilden? Notiere sie auf Papier.

  1. Schreibe ein Haiku

Ein Haiku besteht aus drei Zeilen. Die erste Zeile hat fünf Silben, die zweite sieben und die dritte wiederum fünf Silben (5-7-5). Alternativ kannst du auch: 7-5-7 Silben schreiben. Nutze in diesem Herbsthaiku die Worte: fallende Blätter.

  1. Was wäre der Herbst ohne Ernte?

Notiere das Wort Ernte in die Mitte eines Blattes und schreibe auf, was dir hierzu noch einfällt. Assoziiere frei und nutze dann die notierten Wörter, um daraus eine Geschichte zu entwickeln.

  1. Erzähle die Geschichte einer Strickjacke

Wie wurde die Strickjacke „geboren“, wie sieht sie aus und was hat sie im Laufe ihres Lebens erfahren?

  1. Jahreszeiten und Lebensphasen

Wenn im Herbst die Blätter fallen, erinnert das an den Abschied, den wir auch im Leben immer mal wieder und irgendwann für immer nehmen müssen. Formuliere deine Gedanken zum „Abschiednehmen“ in einem Brief an dein jüngeres Ich.

  1. Samhain ist ein Fest keltisch-heidnischen Ursprungs

… zum Ende der Erntezeit und zu Beginn des Winters. Erfinde Rituale, um das Ahninnenfest gebührend zu feiern.

  1. Erntezeit ist Weinlesezeit

Überlege, mit wem du gerne auf ein Weinfest gehen würdest und erzähle, was dort passiert.

  1. Spinne eine Geschichte

… zum Altweibersommer.

  1. Schreibe ein Rezept

Welche Zutaten braucht es für einen gemütlichen Herbstnachmittag und wie bereitet man ihn am besten zu?

  1. Der Mais ist hochgewachsen

Beschreibe den Spaziergang durch ein Maislabyrinth.

Futur, Präsenz oder Vergangenheit?

Agê Barros

Die wohl häufigste Frage in meiner Schreibwerkstatt lautet: Ist die Zeit die richtige? „Richtig“ gibt es in diesem Fall nicht, denn die Autor:in ist frei in ihrer Wahl und muss sich nicht an grammatische Regeln halten. Aber das Tempus zeigt Wirkung – und die ein oder andere Autor:in kräuselt die Stirn: Wie kann ich meine Geschichte am besten zum Ausdruck bringen?

Erzählt wird häufig in der Vergangenheit. Das liegt daran, dass der Erzählende von etwas spricht, das bereits geschehen ist und somit in der Vergangenheit liegt. Es ist das klassische Tempus, das Autorinnen und Autoren seit Jahrhunderten verwenden.

Ist es somit auch immer die beste Wahl?

Das Tempus ist ein Stilmittel, mit dem ich die Perspektive des Erzählenden zum Ausdruck bringe und damit automatisch auch eine bestimmte Stimmung wecke: Schreibe ich in der Vergangenheit, dann produziere ich die Gemütlichkeit einer Erzählung; sie kann aber auch behäbig und langweilig werden.

Nutze ich dagegen den Präsenz, wird die Geschichte temperamentvoll und lebendig. Die Gemütlichkeit schwindet und man hat das Gefühl, Teil des Geschehens zu werden und kann sich zusammen mit dem Protagonisten auf die Reise begeben. Die Leser:in taucht ein in die Geschichte ein; auch wenn sie/er gerade bequem auf dem Sofa sitzt und ein Buch in der Hand hält.

Im Präsenz dominiert die Aktion. Der Präsenz kann damit sehr viel Spannung erzeugen. Aber er verschlingt auch den Lesenden. In der klassischen Erzählperspektive hat der Lesende Raum, sich eine eigene Meinung zu bilden.

Im Futur, der wohl am wenigsten benutzt wird, begebe ich mich als Autor:in in eine Welt der Wünsche und Hoffnungen, des Irrealen – denn die Geschichte ist mehr Vermutung als Realität.

Stilsichere Autor:innen gelingt es, zwischen den Zeiten gekonnt zu wechseln. Dazu braucht es einiges an Übung. Um ein gutes Gefühl für das Tempus zu bekommen, rate ich zu folgender Übung: Nehmen Sie sich ein Buch zur Hand und klappen Sie zum Beispiel Seite 33 auf. Nehmen Sie den ersten Absatz, der oben auf der Seite neu beginnt und unterstreichen Sie die Verben. Gehen Sie dann an die Arbeit und schreiben Sie den Absatz in verschiedene Tempi um. Im Deutschen gibt es davon immerhin sechs: Plusquamperfekt, Perfekt, Präteritum, Präsenz, Futur I und Futur II. Vergleichen Sie anschließend die verschiedenen „Töne“ der Absätze.

Wem Übungen nicht so liegen, rate ich zu einem simpleren Mittel: dem Folgen der eigenen Intuition. Denken Sie nicht lange über das Tempus nach, sondern vertrauen Sie auf Ihr Können und legen los. Beim anschließenden lauten Vorlesen, verraten die Verben häufig schon von ganz allein, wo Stolpersteine liegen.

Grammatikübungen: Besser als ihr Ruf

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In meiner Schreibwerkstatt bin ich manchmal voller Bewunderung für die Lernenden aus aller Welt, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Deutsch zu lernen. Wie kann man nur diese Sprache lernen?, denke ich insgeheim. Kaum habe ich meinen Schüler*innen beigebracht, dass es „der“ See heißt, kommt die Frage: Warum heißt es „Ich schwimme über den See?“ und wenn ich diese Frage dann mit vielen Worten erklärt habe, stellt irgendjemand fest: „Der Fisch schwimmt in dem See.“ Noch Fragen?

Dass Kinder in Deutschland in nur wenigen Jahren eine so komplizierte Sprache mit Leichtigkeit sprechen lernen, ist für mich immer wieder ein Wunder. Wenn es wieder einmal darum geht, als Muttersprachlerin einen scheinbaren Widerspruch aufzulösen, komme ich ab und zu ganz schön ins Rudern.

Meine Deutschlernenden stimmen gerne in das Stöhnen um die deutsche Grammatik mit ein. Macht die Komplexität denn Sinn?, fragen sie dann und ich versuche die Sinnhaftigkeit zu verteidigen, doch bleibt diese Verteidigung oft blass.

Umso erstaunlicher ist es für mich zu beobachten, mit welcher spielerischen Freude viele Lernenden auf Grammatikaufgaben eingehen. Wie bei einem sportlichen Wettkampf werden die Aufgaben angegangen und mit glänzenden Augen gelöst. Sie sind Herausforderung und Freude zugleich. Und wenn die Aufgaben nicht zu schwierig sind, dann ähneln solche Übungen eher einem Tüfteln und Rätseln als einer Verzweiflungstat.

Niemand fordert Grammatikaufgaben ein (es sei denn aus Verzweiflung über die vielen scheinbar unüberwindbaren „Fehler“ im Sprachgebrauch) und doch habe ich schon Unterricht erlebt, bei dem die Lernenden gar nicht genug Grammatikaufgaben bekommen konnten.

Das Spiel mit der Sprache macht Spaß. Und ich stelle mehr und mehr fest, Grammatikaufgaben üben nicht „nur“ die Sprache und festigen sie, sondern das Ringen um die richtigen Worte beglückt und motiviert, in die Sprache immer mehr einzutauchen.

Und ich die nun mal ein „n“ am Ende eines Adjektivs von einem „m“ intuitiv unterscheiden kann, lerne auch die Begründung dafür. Es eröffnet sich ein neuer Kosmos.

Der Zauber der Elfchen

Kennen Sie Elfchen? Wenn Sie jemand sind, der schon einmal an einen meiner Kurse teilgenommen hat, dann bin ich mir fast sicher, dass Sie schon einmal ein Elfchen geschrieben haben – egal, ob Sie in einem Kurs zum „Kreativen Schreiben“ waren oder einem Kinderworkshop oder einem Kurs für „Deutsch als Fremdsprache“ .

Elfchen sind kleine Gedichte, die ganz einfach herzustellen sind und das Herz höher schlagen lassen: mit wenigen Worten gelingt es dem Autor/die Autorin, eine kleine Szene voller Atmosphäre in den Kopf des Gegenübers zu zaubern und sich gleichzeitig darüber zu freuen,  was aus der eigenen Feder geflossen ist. 

Das ist mir am Montagabend mal wieder so richtig bewusst geworden. Ich hatte einen Workshop für Deutschlernen. Als sich der Deutschkurs seinem Ende näherte, überlegte ich mir noch schnell, wie ich einen schönen Abschluss hinbekomme und entschied mich mal wieder für ein Elfchen. 

Eine neue Teilnehmerin schrieb ein wunderschönes, kleines Herbst-Elfchen und sie war sehr begeistert von ihrem eigenen Werk. Genau wie wir. In wenigen Worten hatte sie ihre Gedanken auf simple Art und Weise zum Ausdruck gebracht. Und das auf Deutsch. 

Später dachte ich darüber nach, welche anderen Ideen es gibt, die ähnlich erfolgversprechend sind wie Elfchen… Es gibt unendlich viele Schreibideen. In diesem Frühjahr habe ich sie alle gesichtet für mein Schreib-Ideen-Buch „Freiheit für Fantasie“. Aber die Einmaligkeit der Elfchen gibt keine von ihnen wieder. Es ist simple zu schreiben und hat alles, was einen guten Text ausmacht: Die Individualität des Autors, das Erzählen einer kurzen Geschichte und die pointierte Atmosphäre.

Übrigens: Elfchen heißen Elfchen, weil sie aus elf Wörter bestehen. Für alle, die keine Elfchen kennen, hier die Anleitung:

1. Zeile – ein Wort – eine Eigenschaft

2. Zeile – zwei Wörter – etwas, das diese Eigenschaft hat

3. Zeile – drei Wörter – wo befindet sich das „Etwas“?

4. Zeile – vier Wörter – frei weitererzählen

5. Zeile – ein Wort – die Pointe!

Bei Kindern abgeschaut

Am Dienstag waren die Bücherfische wieder hier bei mir in der Schreibwerkstatt und haben alles auf den Kopf gestellt, um am Ende mit tollen Ergebnissen zu glänzen: Linolschnitte wurden geschnitzt, Geschichten erzählt, Namen von Protagonisten erfunden, Farben gemischt, ein Buch genäht und gebunden. Es ist für mich berauschend, was innerhalb dieser eineinhalb Stunden passiert.

Warum ich immer wieder so gerne mit Kindern arbeite? Mich fasziniert ihre unbefangene Art; ihre Neugier; ihre Offenheit – sie sind sich selbst noch ganz nah und sie probieren und testen am laufenden Band. Es scheint, als würde jedes Kind für sich, jeden Tag die Welt neu erfinden.

Und ich beobachte, wie dabei meine eigenen Vorstellungen Kratzer bekommen… Mit Kindern arbeiten heißt: von Kindern lernen. Was ich am Dienstag gelernt habe?

Es begann mit einem kleinen Temperamentsbolzen, der herumdöste, Tumult verbreitete und nicht zu bändigen war. Ich versuchte es mit “guten Worten”. Erfolglos. Während ich schließlich mit anderen Kindern beschäftigt bin, verliere ich ihn aus dem Blick. Eine viertel Stunde später zeigt er mir stolz seinen Linolschnitt. “Wie ist der denn entstanden?”, denke ich verwirrt und erinnere mich dann: Rase ich nicht auch immer durchs Haus, räume die Spülmaschine aus und hänge die Wäsche auf, bevor ich endlich mit dem Schreiben beginne?

Tipp 1: Nicht verzweifeln, wenn es mit dem Schreibbeginn nicht gleich klappt. Manchmal tut ein bisschen Bewegung gut.

Und noch etwas zeigte mir diese Erfahrung…

Tipp 2: Kontrolle mag gut sein – Vertrauen ist besser! Und das gilt nicht nur für Kinder, sondern auch für den eigenen Schreibprozess.

In der Zwischenzeit hatten es sich zwei Kinder in unserer Sauna gemütlich gemacht. Die Tür ist zu. Keiner darf rein. Sie tauschen sich aus und am Ende haben sie zwei Seiten voll geschrieben und lesen sie sich gegenseitig begeistert vor.

Tipp 3: Beim Schreiben kommt es immer auf eine gute Mischung aus “geschütztem Raum” und “Austausch mit anderen” an. Wer schreibt, braucht Zeit für sich, aber wer schreibt, möchte auch gelesen werden.

Überall wirbeln Kinder herum und suchen sich Plätze, wo sie am besten arbeiten können und dort, wo sie sich niederlassen, liegen bald viele, bunte Stifte, dicke Bleistifte mit Spitzer und Radiergummi, Papiere und Schnipsel. Ein Mädchen zeigt mir seine große Stiftesammlung, ein Junge sein dickes Schulmäppchen.

Tipp 4: Wenn man schreibt, sucht man sich den Raum und das Werkzeug, das zu einem passt: der eine schreibt gerne mit Füller, der andere mit einem Fineliner; der eine braucht Massen an Papier, der andere ein einziges Blatt. Fantasie gedeiht in diesem passenden Ambiente.

Ein Mädchen fragt, ob es die Arbeitsmappen der Kinder nach Alphabet sortieren darf. Ich hatte sie einfach in den Ständer gesteckt – bei elf Kindern, dachte ich mir, ist das doch zu überschauen. Ich erlebe es oft, dass Kinder – so chaotisch sie manchmal erscheinen – nach einer Ordnung suchen.

Tipp 5: Zusätzlich zum kreativen Chaos braucht es Ordnung, Rituale und Routinen, um sich zum Schreiben niederzulassen.

Während das Mädchen die Arbeitsmappen sortiert, beobachtet ein Junge, wie seine kleine Schwester blaue Farbe mischt. Er nimmt seinen Linolschnitt von vergangener Woche aus der Arbeitsmappe und möchte noch einmal mit dieser Farbe drucken.

Tipp 6: Wir lernen voneinander und miteinander. Originalität entsteht nicht im luftleeren Raum.

Und dann ist da noch das Mädchen, ein “alter Bücherfisch”, das einen dicken Hefter vor sich herträgt und daraus zitiert. Sie liest jedem, der ihr vor die Nase kommt, einen ellenlangen Namen aus ihrer Geschichte vor. Sie schwelgt in ihrer Geschichte – und die Zuhörer teilen ihre Begeisterung.

Erkenntnis 7: Lesen und Schreiben kann zum puren Genuss werden, an dem man sich kaum sättigen kann.

Kunsttour Caputh 2021

An den Wochenenden 28./29. August und 4./5. September findet jeweils von 12 bis 18 Uhr die 14. Caputher Kunsttour statt.

Ich freue mich sehr, dass diesmal die Künstlerin Doris Sprengel bei mir im Atelier Ihre Kunstwerke “Botanische Gedankengänge und Illustrationen” ausstellt.

Und für alle Schreibenden wird es erstmals eine Sammlung “kreativer Schreibideen” geben. Lassen Sie sich überraschen. Wir freuen uns auf Sie!

Mit Kindern schreiben

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Manchmal denke ich mir, dass das Schreiben mit Kindern vergleichbar ist mit den zarten Pflanzen in meinem Garten, die langsam ans Tageslicht kommen und ihre Blüten entfalten. Im vergangenen Sommer habe ich mir in Südfrankreich am Straßenrand von einem weißen Oleander einen Zweig abgeschnitten und diesen in eine halbierte Plastikflasche mit Wasser gesteckt, die den Rest unseres Urlaubs den Kaffeebecherhalter besetzte. Ich saß bei den langen Fahrten im Auto und blickte immer wieder unter den Wasserspiegel des Behälters und wartete darauf, dass sich endlich Wurzeln bildeten. Es tat sich nichts.

Am liebsten hätte ich irgendwas getan, um das Sprießen zu beschleunigen. Auch konnte ich nur darauf vertrauen, dass das ganze schon in Gang kommen wird. Meine einzige Aufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, dass der Zweig genügend Wasser bekam, dass das Wasser nicht auslief, dass der Zweig nicht abstürzte oder durch das Auf- und Zuschlagen der Autotür Schaden nahm.

Die Arbeit mit Kindern empfinde ich ähnlich: Ich kann ihnen einen Raum mit schöner Atmosphäre geben, ein „Zeitfenster“, in dem sie sich auf das Arbeiten mit Texten konzentrieren können und mein Ohr, das aufmerksam den Geschichten lauscht. 

Aber ich kann die Geschichten nicht aus ihnen herausziehen. Und genau dies ist für uns Erwachsene manchmal die große Herausforderung: nicht zu agieren und zu belehren, ruhig im Hintergrund zu verweilen, auf den Prozess zu vertrauen und die passende Umgebung zur Verfügung zu stellen.

Ich höre ihren Geschichten zu und teile ihre Begeisterung dafür. Es ist schon sehr erstaunlich, was sie aus ihrer Fantasie heraus entwickeln. Das Wunder des kleinen, braunen Oleander-Astes, aus dem neues Leben entsteht, ist durchaus mit dem Wunder der Kinder vergleichbar, die aus ihrem Kopf die fantastischsten Geschichten entwickeln. Kaum zu glauben!

Nichtsdestotrotz überfallen mich dann doch immer wieder Überlegungen wie: Sollte ich nicht helfen, den Anfang zu einer Geschichte zu finden oder nach langen, spannenden Irrungen den Weg zu einem originellen Ende? Und dann schlage ich Methoden vor, mache Vorschläge oder zeige Methoden auf. 

Regelmäßig sehe ich dann die Augen des jeweiligen Kindes größer werden. Mit einer Mischung aus Abweisung (weil meine Vorschläge scheinbar überhaupt nicht passen) und neuer Erkenntnis greift das Kind zum Stift und beginnt mit dem Weiterschreiben. Ob es die Abgrenzung zu meiner Idee ist oder die Assoziationen, die mit meiner Idee verknüpft werden, weiß ich nicht. Doch in mir entsteht die Erkenntnis, dass nicht nur aus den Kindern heraus, sondern auch durch in der Gemeinschaft, Kinder Methoden und Ideen des Schreibens entwickeln.

Die Angst vor dem weißen Blatt

Copyright: Retrosupply on Unsplash

Ich sitze an meinem Schreibtisch und überlege, wie ich mit diesem Blog beginnen könnte. Es kribbelt in meinen Beinen – und ich bin kurz davor aufzustehen. Sollte ich nicht erst noch schnell mein Zimmer staubsaugen, meine Freundin endlich anrufen und einkaufen gehen bevor der Laden schließt?

Um es gleich vorweg zu nehmen: Es ist jetzt kurz vor fünf, unser Supermarkt hat bis zehn Uhr geöffnet, mein Zimmer wurde schon lange nicht mehr staubgesaugt und meine Freundin wartet auch nicht am anderen Ende der Leitung. 

Immer wenn ich mit dem Schreiben starten will – und egal ob es Texte betrifft, die ich gerne schreibe oder Texte, die ich schreiben muss – mir fallen zeitgleich tausend Sachen ein, die ich noch erledigen sollte. Dies war schon immer so und es hat auch nie aufgehört, so zu sein. Für mich ist dies der Preis für das Autorinnendasein.

Es gibt jedoch gewisse Strategien, die ich im Laufe der Jahre für mich entwickelt habe. Dazu gehört, ein Blatt zu nehmen und einfach irgendwo mit dem Texten zu beginnen. Irgendwas fällt mir garantiert ein. Und wenn es ein: „Was für ein Blödsinn, dass ich jetzt über dies und das schreiben soll…“ ist. Es folgt das Warum? Wieso? Was ist los…? Und die Gedanken im Kopf kommen in Gang.

Für eines der ursächlichen Probleme der „Angst vor dem weißen Blatt“ halte ich das „Denkenmüssen“ – meist bin ich nämlich zu träge dazu – gepaart mit dem Gefühl, dass ich meine Gedanken gar nicht jedem unbedingt preisgeben möchte. Doch die Erfahrung hat mir gezeigt: Auf dem Papier sortieren sich meine Gedanken; sie sind nicht mehr so wirr, wie sie mir zunächst erschienen und ich bin dann stolz, wenn ich meine Gedanken durchdacht, gespickt mit treffenden Worten und originellen Ideen auf meinem Papier wiederfinde.

Übrigens: Auf der Basis dieser Erkenntnis arbeite ich auch in meiner Schreibwerkstatt. Wir schreiben meist nach Zeit; zum Beispiel haben die Autoren zwanzig Minuten Zeit, um einen Text zu formulieren. „Thema verfehlt“ gibt es nicht. Einfach beginnen. Es überrascht mich immer wieder, wie – durch den leichten Druck – so grandiose Texte entstehen. 

Zuhause können Sie sich feste Zeiten oder Rituale fürs Schreiben setzen; Zeiten, in denen Sie schreiben „müssen“. Probieren Sie es aus! Sie werden staunen, was in Ihrem Kopf steckt!

Schreiben Sie noch mit der Hand?

Der Laptop wird für uns mehr und mehr zum alltäglichen Begleiter. Immer mehr geraten dabei klassische Schreibwerkzeuge wie Stifte und Füller ins Aus. Wie geht es Ihnen? Mit was schreiben Sie am besten: mit einem Füller, dem Kugelschreiber oder am Computer?

Copyright: Tom Roberson on Unsplash

Ich selbst schreibe je nach Lust und Laune, manchmal mit der Hand, manchmal mit dem Computer. Gelegentlich ertappe ich mich bei dem Gedanken, wie wohl ein Psychologe die Auswahl meiner Schreibwerkzeuge interpretieren würde. Ich selbst habe noch kein richtiges System dahinter erkannt, außer: dass ich bei meiner Wahl sehr eigen bin. Wenn ich mit meinem weichen Lieblingskuli schreiben möchte, und dieser nicht an seinem Platz liegt, suche ich ihn überall und blockiere mich manchmal selbst dabei, mit dem Schreiben zu beginnen. 

Insbesondere Tagebucheinträge liebe ich mit der Hand zu schreiben. Ich klimpere aber auch gerne auf der Tastatur meines Laptops herum. Es sind meist „ernstzunehmende“ Texte, die ich dann schreibe. Das Schreiben in den Laptop hat eindeutig den Vorteil, dass ich die Texte immer parat habe, verändern und umarbeiten kann.

In der Schreibwerkstatt wird jedoch meist mit der Hand geschrieben. Bisher habe ich nur einmal eine Autorin erlebt, die am Computer schreiben wollte und das hat die anderen Schreiberinnen merklich irritiert. Vielleicht hat sie der Einsatz der Technik gestört. Er passt nicht so richtig in die Atmosphäre der Gemütlichkeit, die ich gerne in der Schreibwerkstatt zelebriere.

Das allein macht das Schreiben mit der Hand aber nicht aus. Der unbestreitbare Vorteil liegt darin, dass durch die Handarbeit, die Kreativität und die Lust am Schreiben geweckt wird. Es ist ein sinnliches Erlebnis, wenn ich den Stift über das Papier führe.

Insbesondere zu Beginn einer Autobiographie stellen sich viele Autoren genau diese Frage: mit dem Computer oder der Hand? In meinen Augen kommen Sie bei einer Autobiographie nicht an einem Computer vorbei. Das heißt nicht, dass Sie manches erst einmal mit der Hand notieren können, um in Schwung zu kommen. Aber anschließend lohnt der Griff zum Laptop. Denn: Zu viel Material fließt durch ihre Hände und die Größe einer ganzen Lebensgeschichte ist viel einfacher händelbar mit einem Computer, in dem sie für jede Geschichte oder Epoche eine Datei anlegen können, in die Sie immer wieder hineinarbeiten – denn eine Autobiographie wächst mit aufflammenden Gedanken, entwickelnden Erkenntnissen und geweckten Erinnerungen.

Sieben Tipps zum kreativen Schreiben

  1. Sorgen Sie von Anfang an für sich. Dazu gehört das richtige Handwerkszeug. Benutzen Sie am liebsten einen Füller, einen Kugelschreiber oder den Laptop? Wichtig ist, dass Sie damit schnell und gut schreiben können.
  2. Schreiben Sie los – ohne groß nachzudenken. Die Gedanken kommen beim Schreiben von alleine. Am Anfang hilft es, sich eine bestimmte Zeit vorzunehmen, an dem Sie Ihren Schreibplatz nicht verlassen dürfen.
  3. Ignorieren Sie Regeln. Stil, Rechtschreibung, Zeichensetzung und Grammatik spielen zunächst keine Rolle. Ordnung können Sie später schaffen.
  4. Kontrollieren Sie nicht, was Sie schreiben. Seien Sie schneller als Ihr innerer Zensor. Nur so wird es Ihnen gelingen, in die Tiefen der Erinnerungen zu dringen. 
  5. Werden Sie konkret. Ihr Text wird authentischer, wenn Sie nicht einfach notieren, dass Sie als Kind einen Hund hatten, sondern: Welche Farbe hatte er? War er groß oder klein? Wie war sein Temperament?
  6. Üben. Üben. Üben. Übung macht auch beim Schreiben den Meister. Gewöhnen Sie sich eine gewisse Routine an. Zum Beispiel abends nach der Arbeit – oder morgens nach dem Frühstück schreibe ich immer eine halbe Stunde.
  7. Lesen Sie Ihren Text am Ende laut vor. Sie werden merken, wo der Text im Fluss ist und wo Sie über Ihre eigenen Worte stolpern. Arbeiten Sie an diesen Passagen weiter.
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