Kreativität ist mittlerweile in aller Munde und hat doch noch immer den touch von etwas oberflächlicher Bastelei oder hübschen Gedichten für die Silberhochzeitsfeier. Ganz zu Unrecht. Kreativität ist mehr. Kreativität trifft den Kern des menschlichen Denkens, sie ist der Ursprung für einzigartige Ideen, ohne sie ist keine Entwicklung vorstellbar.

In meinen Workshops fasziniert mich immer wieder, wie viele unterschiedliche Antworten Teilnehmer*innen auf eine einzige Frage finden. Wenn ich in meiner Schreibwerkstatt einen Schreibanreiz stelle, bekomme ich genauso viele Geschichten wie Autor*innen, die sie schreiben. Keine Geschichte gleicht der anderen. Kein Individuum gibt dieselbe Antwort.

Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.

Albert Einstein

Jeder hat seine eigenen Gedanken im Kopf und beim kreativen Schreiben stellen die Autor*innen häufig überrascht fest, was aus ihren Gedanken wächst. Jeder stellt seine eigenen Verknüpfungen zu seinen individuellen Erfahrungen und Erlebnissen her. Die Gedanken sind frei, manchmal wild, immer konstruktiv. 

Und auch beim Unterrichten der Fremdsprache „Deutsch“, das doch scheinbar so vielen eindeutigen Regeln folgt, hat sich für mich sehr bald gezeigt, dass es die Kreativität ist, die zählt. Um sich in einer fremden Sprache zurecht zu finden, muss ich in meinem Kopf Verknüpfungen herstellen: Im Kopf beginnt die Fantasie ihr Spiel zu spielen. Der Prozess unterscheidet sich gar nicht stark von dem beim kreativen Schreiben: Es wird aus dem eigenen Erfahrungsschatz zusammengesucht, wie ich das ausdrücken kann, was ich sagen möchte. Je mehr – und je freier – ich meine Gedanken spielen lasse, desto Erfolg versprechender ist die Lösung.

Gerade in unserer Zeit es wichtiger denn je, aus dem Potential der Kreativität zu schöpfen. Denn allein die Reproduktion von irgendetwas, das haben uns die vergangenen Jahre gezeigt, lässt sich immer häufiger von Computern erledigen – und zwar so perfekt wie wir es kaum nachahmen können. Es ist jedoch die Kreativität, die zutiefst menschlich ist und sich zusammen mit Emotionen zu originellen Einfällen verbindet. Nur sie vermag zwischenmenschliche Bindungen zu gestalten und neue Welten zu erobern, wie es kein Computer kann. Lassen wir sie deshalb hochleben!

(Bild: Alice Dietrich on Unsplash)